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Gerne hätte ich dem Besuch der Dorfkuppel mehr als „nur“ einen Kugelsternhaufen gezeigt, aber Planeten oder gar der Mond zeigte sich in dieser Nacht nicht. Galaxien oder Nebel hätten sich hingegen nur sehr schwer visuell vermitteln lassen. Was ginge wären 30, 60 oder 90 Sekunden lang belichtete „Live“ Aufnahmen, aber das gab zu diesem Zeitpunkt meine Ausrüstung nicht her.
Übeltäter Azimut Montierung
Das Problem lag natürlich in der betagten Montierung meines LX200R. Die Montierung selber verfügt zwar über ein wirklich gutes GOTO System, was Objekte für die Beobachtung auch ganz ordentlich anfährt und auch folgt, aber bei der Fotografie nach nur wenigen Sekunden aufgibt. Eine Teilschuld trägt natürlich die enorme Brennweite des Teleskops! Mit 3,5 Meter ist die LX200 Montierung einfach überfordert um eine exakte Nachführung über einen längere Zeitraum zu bewerkstelligen. Zwar kämpft eine Azimut Montierung auch irgendwann mit der Bildfelddrehung, aber bis dahin kam ich erst gar nicht.
Kleine Exkursionen zur Bildfelddrehung
Bekannte die sich so gar nichts unter einer Bildfelddrehung vorstellen können, erkläre ich das immer so:
Stell dir vor du klebst von dir ein Portraitfoto auf den Minutenzeiger deiner Uhr und dein Kumpel verfolgt dein Bild mit einem Fernglas aus einigen Metern Entfernung. Durch die Vergrößerung des Fernglases kann er nur deinen Kopf erkennen, dass drumherum nicht.
Nach 15 Minuten wird ihm auffallen das dein Kopf im Fernglas nicht mehr richtig herum steht, sondern dank des kreisenden Minutenzeigers auf der Seite liegt. 15 Minuten später wird er deinen Kopf auf dem Kopf stehen sehen und nach weiteren 30 Minuten, also insgesamt 60 Minuten, ist dein Kopf wieder richtig herum.
Jetzt stell dir vor die 60 Minuten wären ein Tag und das Bild auf dem Minutenzeiger wärst du selber auf der sich drehenden Erde. Dein Kumpel ist auch nicht mehr dein Kumpel, sondern das Objekt das du beobachtest. Von dir aus auf den Minutenzeiger sieht es so aus als ob sich dein Kumpel sich drehen würde, obwohl er ganz sicher aufrecht stehen geblieben ist. So in etwa musst du dir die Beobachtung von einem bestimmten Punkt von der sich drehenden Erde zum starren Weltall vorstellen.
Auf der Suche nach mehr Belichtung
Kommen wir zurück zu meinem Thema mit der „Langzeitbelichtung“. Gegen das Problem mit der Bildfelddrehung kann ich herzlich wenig tun. Außer es findet sich da draußen Jemand der mir eine gut 40 Kilo tragende parallaktische Montierung überlassen würde, dann einfach eine Mail an mich senden. Aber auch mit der aktuellen azimutalen Montierung müsste dank Autoguiding einiges mehr drin sein. Da ich von meinem Vorgängerteleskop noch ein 180mm Leitrohr über hatte, habe ich einen Guiding Test mit diesem gewagt.
Also PHD2 installiert und die Kamera mit der Montierung und dem PC verbunden. Nachdem die Software mit dem Kalibrieren durch war, konnte ich auch schon mit dem Guiden beginnen. Die Freude war nur kurz, sehr kurz. Egal wie ich es auch anstellte, nach allerspätestens 10 Sekunden kamen immer wieder Fehler in der Nachführung. Das war eine kleine Katastrophe, kann ich euch sagen.
Kurze Zeit dachte ich auch über das Off-Axis-Guiden nach, aber ein kurzer Test mit der im Okularauszug befindlichen ZWO ASi 462 MC* Kamera, fiel sehr ernüchtern aus. PHD2 konnte einfach keinen Stern finden, was natürlich an der 3500mm Brennweite liegen kann. Wenn die Kamera also schon direkt im Okularauszug Probleme hat ein Guiding durchzuführen, dann mit Sicherheit auch über den kleinen zusätzlichen Spiegel des OAG´s. So zumindest mein Gedanke.
Das Abbildungs-/Führungsverhältnis
Zurück zum Guiden mit dem Leitrohr. Das mein erster Versuch mit dem 180mm Leitrohr nicht funktioniert hatte, lag mit Sicherheit am „Abbildungs-/Führungsverhältnis“. Das Abbildungs-/Führungsverhältnis ist das Verhältnis zwischen Hauptteleskop und dem Leitteleskop unter der Berücksichtigung der jeweiligen Pixelgröße der Kamera. Laut gängiger Meinung wäre ein Verhältnis von 1:3 wünschenswert, allerdings gibt es nicht wenige die mit einem Verhältnis von 1:5 oder 1:6 noch erfolgreich guiden.
Natürlich gibt es hierfür auch eine mehr oder weniger komplizierte Formel zum ausrechen des Abbildungs-/Führungsverhältnis. Ich bediene mich aber lieber an einem der vielen Onlinerechner, wie zum Beispiel dem von Astronomy.Tools.
Dort gibt man die Werte des Hauptteleskops und des Leitrohrs ein, sucht sich die passenden Kameras heraus, oder gibt die Daten manuell ein, und lässt sich das Verhältnis anzeigen.
Bei der Brennweite des Leitrohrs muss man ein wenig herumspielen bis man sein gewünschtes Verhältnis erreicht hat. In meinem Fall war das ein Leitrohr mit etwa 600mm Brennweite. Nach ein paar Tagen Suche am Gebrauchtmarkt wurde ich auch fündig und erwarb für wenig Geld ein „TS Guidescope AC 80/600*“
Das anbringen des Leitrohrs
Als das weitaus größere Problem stellte sich das Befestigen des Leitrohrs am LX200 heraus. Es sind zwar hierfür spezielle Gewindelöcher am Meade LX200 ACF Teleskop vorhanden, aber die „offiziell“ erhältlichen Schienen sind, wie man am Beispiel der 200€ teuren Losmandy Prismenschiene für das Meade 14″ SC* erkennen kann, nicht gerade günstig.
Eine Bastellösung musste also her und wie es der Zufall so will, bin ich über mir nicht mehr nachvollziehbaren Umwegen auf die Firma „3D-Druckwerkstatt“ gestoßen.
Dort gibt es sogar eine Unterkategorie Namens „Astronomie“ in der allerlei Beispiele an gedrucktem Zubehör für unser Hobby zu sehen ist. Nach dem Austausch einiger gemessenen Daten und die ungefähre Vorstellung meines Vorhabens, landeten ein paar Tage später die sogenannte Bracket Holder in meinem Briefkasten.
Diese Bracket Holder genannten Auflagerböcke kosteten inkl. Versand keine 60€, passen perfekt auf das Meade ACF Teleskops und wirken ziemlich Robust. Angeblich handelt es sich hierbei um ein bis zu neunmal schlagzäherem Werkstoff als das Standard Druckmaterial. Hierbei handelt es sich nicht um ein klassisches PLA, sondern um eines mit eingearbeiteten Kunststoffteilchen, was auch immer das heissen soll. In Sachen 3D Druck bin ich einfach raus.
Wie dem auch sei, die Auflageböcke passen und wirken äußerst Stabil. Was noch fehlte war eine stabile Trägerschiene die das 80/600 Teleskop auch tragen kann. Nach einigem Suchen habe ich mich für ein einfaches schwarz eloxiertes Aluminiumprofil* (Standardware) entschieden. Mit bestellt habe ich auch die passenden Nutensteinen*, mit denen sich die Position des Teleskops frei auf der Schiene verschieben lässt.
Insgesamt habe ich weniger als 90€ ausgegeben (ohne Teleskop) und fuhr damit deutlich günstiger als mit der konventionellen Lösung.
Der Praxistest
Gespannt war ich natürlich auf den ersten Praxistest. Also alles angeschlossen, PHD2 eingerichtet und kalibriert und einem Stern folgen lassen. Das Einrichten und das anschließende Guiden hat schon einmal fehlerfrei funktioniert, was ja nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist.
Danach wurde eine 30s Belichtung mit M51 probiert und auch das verlief absolut Problemlos. Selbst eine Minute und mehr waren kein Problem für die Nachführung. Allerdings machte sich ab ca. 90 Sekunden die Bildfelddrehung am Foto bemerkbar. Dennoch ist selbst das 60 Sekunden (Live)Bild schon vorzeigbar.
Die Bildfelddrehung ist je nach Himmelsrichtung unterschiedlich. So konnte ich M51 im Norden beinahe 90 Sekunden belichten, während M15 im Süden schon nach knapp 30 Sekunden Bögen im Bild zeigte.
Ich für meinen Teil bin echt begeistert. Klar ist eine alte Azimut Montierung keine Astrofoto-Maschine, aber zum schnellen vorzeigen von einfachen Livebildern reicht es allemal.
Am gleichen Abend habe ich noch ca. 50 Aufnahmen mit je 60s von M51 gemacht. Die Nachführung hat bei allen Bildern super funktioniert. Ausschüsse gab es dennoch in Form von durchziehenden Satelliten und einer Wolke. Am Ende waren es dennoch 40 brauchbare Bilder zum stacken.
Ich bin zwar kein Bildbearbeitung Profi, aber das daraus entstandene Summenbild kann sich auch sehen lassen, wie ich finde. Gespannt bin ich schon auf den ersten Besuch, denn jetzt kann ich endlich ein bisschen mehr zeigen als nur den „ollen“ Mond 😉.
CS, Dimi
Hallo
Ich finde Deine Einträge interessant da ebenfalls mit einer azimuthalen ( ein Celestron Nexstar Evo 8 ) seit Ende letzten Jahres mit einer alten Canon 750d fotografiere. Mittlerweile hab ich den 9×50 Sucher zum guiding scope umgebaut was ganz gut funktioniert. Ich mach dann Belichtungen von 25s und hab so 5-10% Ausschuss.
Gruß Mathias
Hi Dimi,
Ich finde Deine Einträge interessant da ebenfalls mit einer azimuthalen ( ein Celestron Nexstar Evo 8 ) seit Ende letzten Jahres mit einer alten Canon 750d fotografiere. Mittlerweile hab ich den 9×50 Sucher zum guiding scope umgebaut was ganz gut funktioniert. Ich mach dann Belichtungen von 25s und hab so >5% Ausschuss. Das ist schon besser wie ohne.
Gruß Mathias
Hallo Mathias,
fotografieren mit einer azimutalen Montierung ist schon eine kleine Herausforderung, aber wie du selber festgestellt hast ganz gut möglich. Die Bildfelddrehung, was bei längeren Belichtungen schon massiv ausfallen kann, machen zwar den letztlichen Ausschnitt der Kamera kleiner, aber das stacken selber funktioniert. 25s Einzelbelichtung ist super. Ich selber benutze meist 30s.
Grüße Dimi