Workflow für Einsteiger: Die Planetenfotografie

Jeder Begriff, jede Handlung ist Neuland und die Anzahl der neu hinzukommenden Informationen geradezu überwältigend. Ich weiß noch ganz genau wie schwer mir der Einstieg in die Planetenfotografie fiel. Aus diesem Grund habe ich mir überlegt ein kleines aber ausführliches Tutorial für Einsteiger zu veröffentlichen.

Für den Einstieg brauchen wir nur drei kostenlose Programme und ausschließlich auf diese beschränke ich mich heute auch! Anderenfalls verliert man sich schnell in einem Meer aus Anwendungen und mein Anspruch ein Einsteiger Workflow zu werden wäre dahin.

Die Planetenfotografie

Für die Planetenfotografie greift man auf das sogenannte Lucky Imaging Verfahren zurück. Hier werden mit lichtempfindlichen Kameras keine Fotos sondern Filme aufgenommen. So ist es möglich aus einer Minute Videomaterial bis zu 2000 Fotos und mehr herauszulösen. Diese Fotos besitzen dann eine Einzelbelichtungszeit von nur wenige Millisekunden, in denen die vorhandene Luftturbolenz (Seeing) im Bruchteil ihrer Sekunde eingefroren wird. Mit etwas Glück erwischt man genau solche Momente, in denen das Seeing beinahe perfekt ist. Diese Fotos picken wir dann heraus und vereinen (Stacken) sie zu einem perfekten Gesamtbild.

Für diesen Vorgang benötigen wir drei Programme! Ein Programm um ein Video aufzunehmen, ein weiteres zum herauspicken und stacken und das letzte zum Schärfen.
Für diesen Workflow habe ich mich für folgende drei kostenlose Apps entschieden.

FireCapture

Meine Wahl für die Aufnahmesoftware fiel auf FireCapture. Mit diesem Programm habe ich persönlich die besten Erfahrungen sammeln können. Vor allem die integrierte Planetenzentrierung wäre ihr Geld alleine schon wert, müsste man für die Software bezahlen. Obendrein ist es kostenlos, auf deutsch und auch noch für etliche Systeme erhältlich.

Kamerahersteller wählen

Nach dem öffnen von FireCapture erscheint ein Fenster in dem ich zuallererst meinen Kamerahersteller wähle.

1: Planeten suchen und zentrieren

Anschließend öffnet sich auch schon das Hauptfenster mit einem Kontrollbereich auf der linken und einem großen Aufnahmefenster auf der rechten Seite.

Ich gebe zu, im ersten Moment sieht der Bildschirm schon sehr überladen und überfrachtet aus, aber keine Angst! Wir benötigen für unser Vorhaben nur einen sehr kleinen Bruchteil aller Schalter und Kontrollen.

Unser erster Blick richtet sich daher auf die linke Seite und auf das Karteifenster Aufnahmen (1). Hier teilen wir dem Programm mit, welchen Planeten wir überhaupt aufnehmen wollen.

Sollte es der Zufall so wollen, würde im rechten Fenster auch gleich der ausgewählte Planet erscheinen. Im Normallfall ist dieser Bildschirm aber eher schwarz, da es sehr unwahrscheinlich ist das der Planet auf Anhieb vor der Linse liegt und das die Belichtungszeiten und der Gain (ISO) stimmen.

Also begebe ich mich auf die Suche nach dem Planeten. Um beim schwenken mit dem Teleskop den Planeten auch nicht zu übersehen, erhöhe ich den Gain (2) relativ stark, die Belichtungszeit (3) nur minimal und aktiviert zusätzlich die Gammakorrektur (4).

Mit dieser Maßnahme ist der Jupiter jetzt stark überbelichtet und wird von mir sofort gesehen, auch wenn er nur ganz kurz über den Bildschirm huscht.

Hab ich ihn gefunden, versuche ich ihn einigermaßen mittig zu platzieren und schaltet die Planetenzentrierung (1) ein. Damit wird zwar der Bildausschnitt minimal kleiner, aber FireCapture hält den Planeten softwareseitig perfekt in der Mitte.

Das mittige zentrieren kann FireCapture natürlich nur so lange, so lange sich auch der Planet vor dem Kamerasensor befindet! Visualisiert wird der Randbereich des Kamerasensor durch ein Rechteck aus vier roten Punkten (2). Sollte einer dieser Punkte am Rand des Aufnahmebildschirms ankommen, ist auch das Ende des Kamerasensors erreicht. Daher sollten die Punkte immer innerhalb des Bildschirms sein und man muss das Teleskop nötigenfalls manuell nachschieben.

2: Grobes Fokussieren

Der nächste Schritt besteht darin den Planeten grob zu fokussieren. Wie wir uns erinnern ist der Gain sehr hoch eingestellt und die Gammakorrektur immer noch eingeschalten. Der Jupiter erscheint uns also als sehr heller und überstrahlter Ball.

Diesen hellen Ball benutze ich für die erste Fokussierung. Dazu drehe ich so lange am Fokussierrad hin und her, bis der Ball seine kleinste Größe besitzt.
Wenn wie in meinem Fall auch noch die Monde sichtbar sind, kann man sich auch nach diesen richten. Hier schaue ich darauf den Fokus so zu erwischen, dass die Monde nur kleine sternähnliche Punkte sind.

3: Feines Fokussieren

Jetzt müssen wir den Jupiter für die eigentliche Aufnahme salonfähig machen. Dazu deaktiviere ich wieder die Gammakorrektur (1) und ziehen den Gain (2) und die Belichtungszeit (3) soweit herunter das die Farbkanäle blau, grün und rot etwa 75% des Histogramms (4) einnehmen.

Sollte soweit alles passen, beginnt das finale Fokussieren. Hier drehe ich, wenn überhaupt, nur minimal am Fokussierrad und achte im speziellen auf die Strukturen des Planeten (Wolkenbänder des Jupiters oder die Cassinische Teilung Saturns).
Das ist meistens ein kleines Geduldsspiel, da das Seeing ein perfektes Fokussieren eigentlich unmöglich macht und die perfekte Stellung des Fokussierrades mehr ein abwägen als bestimmen ist.

Der Jupiter ist also fokussiert und zentriert, die Belichtungszeit und der Gain optimal, was jetzt noch fehlt ist die Aufnahmedauer!

4: Die Aufnahmedauer

Die Aufnahmedauer ist Entscheidend! Am besten ist es natürlich den Planeten so lange wie möglich aufzunehmen um möglichst viele Fotos für den Stack zu haben. Leider macht uns die Rotation des Planeten einen Strich durch die Rechnung.
Da sich der Planet um die eigene Achse dreht, dreht sich natürlich auch die Oberfläche mit. Der Große Rote Fleck ist dann in kürzester Zeit um ein paar Pixel weitergewandert. Das reicht schon aus, um beim späteren überlagern der einzelnen Bilder (Stacken) eine verschwommene und unscharfe Struktur zu erhalten.

Wer sich mit der Aufnahmezeit unsicher ist, kann ja zwei oder drei Aufnahmen hintereinander mit unterschiedlichen Längen aufnehmen und am Ende bestimmen welche Aufnahmezeit das beste Ergebnis liefert.

Die Aufnahme

Haben ich nun geklärt wie lange die Aufnahme sein soll, teile ich das FireCapture unter Aufnahmedauer (1) mit und starte mit einem Klick auf den Aufnahmebutton (2) die Aufnahme.

Während der Aufnahme bleibe ich natürlich nicht untätig, meist muss ich darauf achten das der Planet nicht aus dem Bildschirm wandert. Leichte Korrekturen an der Montierung sind also nötig. Diese fallen aber dank der wirklich gut funktionierenden Planetenzentrierung nicht auf.

FireCapture hat damit seine Arbeit erledigt und ich mache mit AutoStakkert weiter.

AutoStakkert 4

AutoStakkert zerlegt nun das fertige Planetenvideo in seine einzelne Bilder, sucht die besten heraus und vereint diese zu einem einzigen Bild. Ich selber benutze seit kurzem die Beta von AutoStakkert 4.

Eine Besonderheit an AutoStakkert ist das Arbeiten über zwei getrennte Fenster, beziehungsweise zwei Arbeitsbereiche. Auf der linken Seite haben wir das Kontrollfenster, in dem die meisten Aktionen unternommen werden und auf der rechten Seite das eigentliche Bildfenster. Den Anfang macht das linke Kotrollfenster.

Das Kontrollfenster

Im Kontrollfenster klicken ich auf Open (1) und laden meine Videodatei aus dem FireCapture Ordner hoch.

Unter Image Stabilization (2) wählen ich natürlich Planet und aktiviere den Dynamik Background. Soweit dieser nicht schon vorausgewählt wurde.

Im „Quality Estimator“(3) wird normalerweise der Erkennungsalgorithmus am vorhanden Videomaterial eingestellt. Seit AutoStakkert 4 Beta gibt es aber eine gut funktionierende Erkennungsautomatik, welche ich natürlich für mich arbeiten lasse.

Mit einem Mausklick auf „Analyse“(4) wird das Video dann ausgewertet, in seine einzelnen Bilder zerlegt und nach ihrer Qualität sortiert.

Hat AutoStakkert seine Analyse beendet, was nicht sehr lange dauert, erscheint in der Mitte des Kontrollfensters der sogenannte „Quality Graph“(1). Hier werden die Bilder ihrer Qualität nach neu sortiert und als grüne Kurve (2) in einem Diagrammfenster angezeigt.

Die lilafarbene Mittellinie (3) im Quality Graph teilt die Fotos dann nochmals in zwei Lager auf. Alle Fotos oberhalb dieser Linie besitzen eine Qualität von 50% und mehr, alle Fotos unterhalb der Linie besitzen eine Qualität von 49% und weniger.

Im Normalfall wählt man für den Stack nur Fotos aus die sich über der lilafarbenen 50% Linie befinden. Dazu klickt man einfach mit gedrückter „Strg-Taste“ und der linken Maustaste auf den Punkt an dem sich die lila Linie mit der grünen Kurve überschneidet (4).

Im Quality Graph erscheint daraufhin eine senkrechte grüne Linie (5). Alle Fotos links der Linie werden für die Weiterverarbeitung übernommen, alle Fotos rechts der Linie werden aussortiert.

Unter Stack Options (6) wird dieser Wert dann automatisch als Prozentzahl übertragen. In meinem Fall besitzen also 34% der Fotos eine Qualität von 50% und mehr.

Vorerst solls das mit dem Kontrollfenster gewesen sein, diesen widme ich mich erst später wieder und richte mein Hauptaugenmerk auf das größere Bildfenster.

Das Bildfenster

Im Bildfenster beginne ich mit dem setzten der Alignment Points, nach diesen Punkten werden später beim Stacken die einzelnen Fotos ausgerichtet. Dafür klicke ich einfach mal auf „Place AP grid“(3).

Daraufhin werden die Alignment Points automatisch auf den ganzen Planeten verteilt. Mit der linken Maustaste kann man manuell noch weitere Alignment Points hinzufügen und mit der rechten Maustaste auch wieder entfernen.

Die Anzahl der Alignment Points (1) kann man nur indirekt durch die Wahl der Größe (2) bestimmen. Dabei ist es mal wieder ein reines Bauchgefühl wie viele Alignmet Points man setzten möchte. Ich nehme lieber etwas weniger, da es bei zu vielen Alignment Points zu Artefakte beim Stacken kommen könnte.

Kommen wir zu den Monden, falls vorhanden. Diese sind oftmals so dunkel, dass sie auf den einzelnen Bildern in AutoStakkert nicht gesehen werden können. Hierzu erhöhe ich einfach den Helligkeitsfaktor (1) um ein paar Stufen und kann so treffsicher meine Alignment Points (2) auf die Monde setzen.

Nach dem platzieren der Alignment Points stelle ich den Brightness Wert (1) wieder auf das normale Niveau von 1x zurück.

Zurück zum Kontrollfenster

Zurück im Kontrollfenster aktiviere ich links im Fenster unter „Reference Frame“ immer die Option „Double Stack Reference“ (1). Damit werden die Alignment Points doppelt überprüft bevor das Stacking beginnt.

Rechts im Kontrollfenster unter dem Punkt „Stack Options“ aktiviere ich Normalize Stack (2) und „RGB Align“ (3) um die Helligkeit und Farbe aller Bilder angleichen zu lassen .
Unter Super Resolution (4) kann man nachträglich die Auflösung um einen bestimmten Faktor hochrechnen lassen. Meisten wähle ich einen Drizzle Faktor von 1,5x, in diesem Tutorial lasse ich ihn aber auf Off.
Zu guter Letzt klicke ich dann auf „Stack“ (5) und AutoStakkert beginnt mit dem Stacken des Videos.

Das fertig gestackte Foto wird anschießend vollautomatisch im gleichen Ordner abgespeichert in dem sich auch das Video befindet. Von dort aus geht es dann auch weiter mit dem Schärfen.

Registax

Leider gibt es bei RegiStax kein Regelwerk das man einfach mal schnell abarbeiten kann. Selbst ich ändere meine Herangehensweise beinahe mit jedem Start des Programms. Aus diesem Grund gibt es auch keinen falschen oder richtigen Weg, sondern nur eine gutes oder schlechtes Ergebnis. Soweit dazu.

Nach dem öffnen von Registax ziehe ich einfach per Drag & Drop mein gestacktes Foto von AutoStakkert in das schwarze Fenster von Registax. Danach aktiviere ich immer zuerst die „Show Processing Area“ (1) um nachvollziehen zu können in welchem Bereich sich das Vorschau-Bearbeitungsfenster (Processing Area) befindet. Nicht selten befindet sich dieser versetzt zum Objekt und würde nur einen kleinen Teil des Planeten (2) in der Vorschau verändern.

Die Position des Bearbeitungsfenster verschiebt man ganz einfach mit einem Klick der linken Maustaste an gewünschter Position.

Der nächste Schritt ist das angleichen der Farbkanäle. Dazu öffne ich RGB Balance (1) woraufhin sich das „HistoRGB_Panel“ (2) öffnet.
In diesem Fenster wähle ich einfach „Auto Balance“ aus, was in den meisten Fällen schon ein natürliches Erscheinungsbild erzeugt.

Danach schließe ich das „HistoRGB_Panel“ wieder und öffne „View Zoomed“ (1). Daraufhin öffnet sich ein weiteres kleines Fenster mit einem vergrößerten Ausschnitt. Diesen benutze ich ab sofort um im Detail zu erkennen was ich verändere.

Jetzt beginnt das eigentliche schärfen! Dazu ziehe ich den Schieberegler (2) des ersten Layers bis auf Anschlag nach rechts.
Anschließend erhöhe ich die Werte von „Sharpen“ (3) und „Denoise“ (4) bis sich mir eine gute Mischung aus Schärfe und mit wenig Rauschen zeigt. Man sollte aber mit dem Denoiseregler nicht übertreiben, da hier mit jeder Erhöhung etwas von der eigentlichen Struktur geschluckt wird.

Bin ich soweit zufrieden bearbeite ich Layer 2. Hier erhöhe ich zuerst den Sharpen (1) Wert, bleibe aber dabei unterhalb des Sharpen Wertes vom ersten Layer.
Danach ziehe ich den Schieberegler (2) des zweiten Layers nach rechts, bis sich die Strukturen unnatürlich verfärben oder das Rauschen zu groß wird. Sollte das passieren, schiebe ich den Regler wieder etwas zurück.
Last but not least spiele ich ganz sachte mit dem „Denoise Wert“ (3) des zweiten Layers.

Mit Layer 3 und Layer 4 verfahre ich wie mit Layer 2, aber auch hier bleibe ich mit dem „Sharpen“ Wert immer unter dem Wert des darüberliegenden Layers.

Im Nachgang spiele ich immer etwas in den beiden oberen Layern (Layer 1 und Layer 2) herum. Dabei gehe ich aber sehr vorsichtig und mit bedacht heran. Sehr schnell wird aus einem natürlich wirkenden Jupiter sonst ein Planet wie aus den Wachsmalkasten.

Im letzten Bearbeitungsschritt korrigiere ich noch minimal den Kontrast und die Helligkeit (1), aber auch hier gilt weniger ist mehr.
Damit bin ich eigentlich schon fertig, aber noch befinde ich mich im Vorschau-Bearbeitungsfenster (Processing Area). Um auch alle meine gemachten Schritte auf das fertige Bild anzuwenden, ist ein Mausklick auf „Do All“ (2) nötig.
Anschließend speichere (3) ich das fertige Jupiter Bild ab.

Das fertige Bild landet nach dem Speichern automatisch im gleichen Ordner wie schon das Video und das Rohbild.

Im Grunde bin ich dann auch schon fertig mit meinem Planeten. Klar könnte ich noch mittels Topaz DeNoise, Gimp oder Photoshop einen letzten Feinschliff unternehmen oder im Vorfeld mit WinJupos der Planetenrotation entgegenwirken, aber das möchte ich einen Einsteiger jetzt nicht auch noch zumuten *grins*

Ich hoffe ich konnte den ein oder anderen Einsteiger mit meinem Tutorial helfen und wünsche allzeit Clear Sky.

CS, Dimi

2 Gedanken zu „Workflow für Einsteiger: Die Planetenfotografie“

    • Hallo Rudolf,
      freut mich zu hören das der Artikel von Einsteigern verstanden werden kann. In einem Jahr wirst du darüber nur noch schmunzeln können 😉.

      CS, Dimi

      Antworten

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