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Nachdem ich im Teil Eins über den Einstieg und die ersten Schritte mit dem Meade LX200R geschrieben habe, geht es in diesem Artikel über die mechanische Bewegung, dem gefürchteten periodischen Schneckenfehler und dem PEC-Training.
In eigener Sache
Das es so einen komischen periodischen Schneckenfehler gibt, war mir bewusst. Spätestens seit dem ich beim Fotografieren Eiersterne bemerkt habe. Ebenso habe ich von der PEC-Korrektur gelesen, welcher mit einem speziellem Training die Eiersterne größtenteils vermeiden soll.
Wie aber der Zusammenhang zwischen der Mechanik und der Datenverarbeitung funktionieren soll, habe ich nie verstanden.
Also machte ich mich darüber etwas mehr über den elektrisch-mechanischen Aufbau des LX200R zu erfahren, was gar nicht mal so einfach war.
Über die DEC-Achse, also der Auf- und Abbewegung des Teleskops, konnte ich recht wenig in Erfahrung bringen. Ist ja für die Fotografie auch eher unwichtig, da man zum fotografieren normalerweise eine parallaktische Montierung oder eine Polhöhenwiege benutzt. Die DEC-Achse ist somit Arbeitslos. Allerdings ist der mechanische Aufbau identisch, soweit ich das beim zerlegen erkennen konnte.
Warum bewegt sich mein Teleskop
Um den Tubus, beziehungsweise die Montierung des LX200R in Bewegung zu versetzen, wird für jede Achse (DEC und RA) ein kleiner Antriebsmotor (Gleichstrommotor) benötigt. An diesem Antriebsmotor ist eine Untersetzung (Getriebe) angeflanscht, welche die Drehgeschwindigkeit um das 60-fache reduziert.
Das Getriebe wiederum treibt eine Schneckenwelle an, welche ihrerseits ein riesiges Zahnrad, dass sogenannte Schneckenrad, in Bewegung setzt. An diesem Schneckenrad angekoppelt ist die eigentliche Montierung. Da wird nichtsmehr unter- oder übersetzt, das Schneckenrad ist einfach nur fest verbunden mit der Montierung.
Um später die Funktionsweise der Elektronik besser verstehen zu können, muss man das Übersetzungsverhältnis zwischen den einzelnen Baugruppen kennen.
In der Nachführgeschwindigkeit, also in der Geschwindigkeit mit der sich auch die Sterne scheinbar bewegen, benötigt der Antriebsmotor 8 Sekunden für eine Umdrehung. Die Schneckenwelle dank der 60-fachen Untersetzung des Getriebes demnach 8 Minuten und das große Schneckenrad braucht für eine komplette Umrundung 24 Stunden. Eben so lange wie die Sterne für einen kompletten Umlauf benötigen.
Der Tacho und der Tempomat
Um die Drehgeschwindigkeit präzise halten zu können, muss der Computer des LX200R zuerst einmal wissen wie schnell sich der Antriebsmotor eigentlich dreht. Das macht er über einen sogenannten Encoder. Dieser misst den Bewegungszustand der Motorwelle des Antriebsmotors in Impulsen. Wer mehr über Impulse wissen möchte, kann sich ja den Wikipedia Artikel zu Gemüte führen, muss aber nicht.
In der Nachführgeschwindigkeit werden demnach 45 Impulse pro Sekunde an den Computer des LX200R gesendet.
Die Idee die Geschwindigkeit anhand von Impulse zu steuern, ist äußerst clever. So können Schwankungen in der Drehgeschwindigkeit einfach angepasst werden. Solche Schwankung entstehen durch die Mechanik selber, denn selbst bei bester Schmierung wird ein gewisser Widerstand erzeugt, der mal mehr und mal weniger groß sein kann.
Das einzige was der Computer jetzt machen muss, ist die 45 Impulse pro Sekunde zu halten. Wird der Motor also abgebremst, gibt der Computer mehr Spannung auf den Antriebsmotor. Eben genau so viel das die 45 Impulse pro Sekunde wieder erreicht sind.
So gesehen hätten wir jetzt die perfekte Nachführgeschwindigkeit, aber auch nur dann, wenn die verbauten Bauteile perfekt gefertigt worden wären. Das ist aber vor allem bei der Schneckenwelle ein Problem.
Fehlerquelle Schneckenwelle
Die Herstellung einer perfekten Schneckenwelle ist eigentlich unmöglich und wenn, dann würde sie bei weitem den preislichen Rahmen eines Hobbyproduktes sprengen. Aus diesem Grund besitzt die Schneckenwelle herstellungsbedingte „Wurmunregelmäßigkeiten“ und diese führen dazu das für eine kurze Zeit der Kontakt zwischen Schneckenrad und Schneckenwelle abbrechen kann. Die Schneckenwelle dreht sich also für einen kurzen Zeitraum ins leere und somit wird auch das Schneckenrad samt Teleskop für einen kurzen Zeitraum nicht nachgeführt. Was das für das Foto bedeutet dürfte klar sein, Eiersterne!
Diese kurze Unterbrechung kann man umgehen, indem man genau zum richtigen Zeitpunkt den Antriebsmotor beschleunigt und rechtzeitig wieder abbremst. So verliert die Schneckenwelle den Kontakt zum Schneckenrad nicht und das Teleskop bewegt sich gleichmäßig weiter.
Das hat aber zur Folge das die eigentlich unveränderliche Impulsgeschwindigkeit (bin ich froh dieses Wort untergebracht zu haben) für diesen Zeitraum doch verändert werden muss. Und zwar nur für diesen einen Zeitraum.
Da dieser Wurmunregelmäßigkeit bauartbedingt immer an der gleichen Stelle der Schneckenwelle auftritt, kann man die Montierung darauf trainieren und dieses Training nennt sich PEC-Training.
Um zu wissen wo der Antriebsmotor beschleunigen soll, muss das LX200R wissen an welcher Stelle der Schneckenwelle er sich gerade befindet. Dafür benötigt der Computer einen festgelegten Starpunkt (Index Schalterposition) der Welle, der ihm sagt ab hier beginnt ein neuer Schneckenzyklus.
Demnach kann der Computer des LX200 die Position der Schneckenwelle bei einer Umdrehung 21.600 mal erfassen.
Das eigentliche Training
Um den Schneckenfehler beseitigen zu können, benötigt das LX200 aber noch ein paar Informationen. Er muss genau wissen wann die Unterbrechung zwischen Schneckenwelle und Schneckenrad stattfindet und wie sehr, beziehungsweise wie lang er beschleunigen muss und diesen zu vermeiden.
Diese äußerst wichtige Information muss der Benutzer dem LX200R beibringen und das macht man mit dem PEC-Training.
Hierfür sucht man sich für das Training in der DEC-Achse einen ca. 20° über dem Horizont stehenden Stern im Westen oder Osten aus und für die RA-Achse einen ca. 30° über dem Horizont stehenden Stern im Süden aus (In der Südhalbkugel im Norden).
Anschließend öffnet man das Training:
„Setup ⇢ Telescope ⇢ R.A.-PEC (oder Dec-PEC) ⇢ Train„,
in der deutschen Version:
„Setup ⇢ Teleskop ⇢ RA-PEC (oder DEC-PEC) ⇢ Training„
Mit dem Start des Trainings besteht die Aufgabe des Astronomen darin den Stern möglichst hochvergrößert über den Zeitraum des Trainings in der Mitte zu halten. Das funktioniert nur vernünftig mit einem Fadenkreuzokular, oder etwas bequemer über eine Planetenkamera mit virtuellen Fadenkreuz.
Der LX200 merkt sich dann an welcher Stelle eine Korrektur vorgenommen wurde, also an welcher Stelle man das Teleskop mit den Richtungstasten bewegen musste, und merkt sich diesen. Da ein Schneckenzyklus etwas wenig ist, durchläuft eine Trainingseinheit drei dieser Schneckenzyklen. So kommt man auch auf die in der Bedienungsanleitung angegebenen 24 Minuten Training (8 Minuten mal 3 Umdrehungen).
Automatisiertes PEC-Training mittels Autoguider
Schnell könnte man auf die Idee kommen das PEC-Training mittels PHD2, einer Guidingkamera und den Autoguider Port des Meade LX200 durchlaufen zu lassen. Probiert habe ich es natürlich! Allerdings besitzt mein Teleskop eine irrsinnige Brennweite von 3500mm, welche in Kombination mit meiner ZWO ASI 462* Planetenkamera/Guiding-Kamera die Sterne riesig aufblähte und PHD2 dazu veranlasste seinen Dienst zu verweigern.
Laut dem Internet, und das Internet lügt nicht, soll es über den ST4 Port (Autoguider Port) problemlos laufen. Also Stern in die Mitte bringen, Guiding beginnen und das PEC-Training starten. Über die ASCOM Schnittstelle kann es aber zu Problemen kommen, muss aber nicht.
Weitere Merkmale (kurz und knapp)
- Um so öfter man das Training wiederholt um so genauer wird die Montierung
- Während dem Training wird die bisherige Fehlerkorrektur abgeschaltet, dass heisst du machst die Sternverfolgung immer mit ausgeschaltetem PEC. Das ist sehr clever, da beim wiederholten Lernen der Computer sonst das erlernte aus den vorhergehendem übernimmt und so könnten haarsträubende Korrekturen zustande kommen.
- Das Training während eines Schneckenzyklus wird in 200 Einheiten unterteil. Auch das ist ein schlauer Schachzug, denn so werden die Korrekturen auf 2,4 Sekunden begrenzt. Durch diese zeitliche Begrenzung werden alle Korrekturen gleichmäßig gemittelt und nicht nur einmal über 8 Minuten.
- Jedes erneute Training (Update) ersetzt das bisherige Erlernte um 50%
- Nach dem Training ist das Smart Drive automatisch aktiviert. Wenn man den Meade anschließend neu startet, muss der LX200 den Startpunkt der Schneckenwelle finden. Aus diesem Grund bewegt sich die Montierung nach dem Einschalten ein wenig.
Disclaimer
Alle meine Informationen habe ich aus verschiedenen Foren zusammengetragen wie „Cloudy Nights„, „Astrotreff“ und „Astronomie„. Den Hauptteil meiner Recherche habe ich von „SkyMTN„. Ich kann und will natürlich nicht versprechen das alles was ich geschrieben habe auch der absoluten Wahrheit entspricht. Gerne darf in den Kommentaren oder per Mail darauf eingegangen werden.