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Die Gute ist eigentlich zu Groß, nicht mehr die jüngste und verdammt übergewichtig! Aber sie ist mein und unser Aufeinandertreffen ein Schicksal. (Anm.: Seltsamerweise sind meine Teleskope immer feminin, selbst wenn sie ein männermäßiges Kaliber mit mords Brustbehaarung haben 😁).
Alles ereignete sich nach einem „Notfall-Zuviel-Schweinebraten-Verdauungsspaziergang“ bei meinen Schwiegerleuten. Mitten in einem schmalen Garten, weit ab von der sonstigen, muss ich sacken lassen Route, entdeckten wir sie, eine kleine Gartensternwarte.
Das kleinwüchsige Observatorium stand mitten in einer Siedlung in einer Gegend, die wir vorher noch nie besucht hatten. Klar das meine Begeisterung kein halten mehr zuließ, aber wie es sich für einen braven Mitbürger gehört, hielt ich meine Freude vor dem Zaun fest. Nicht so meine Frau! Meine Angetraute wackelte schnurstracks in Richtung Haustür und während ich noch „Nein, nicht!“ zischte, hat sie die Klingel schon gedrückt.
Ich denke insgeheim wusste Sie, wenn ich nicht mindestens einen Blick in die Kuppel geworfen hätte, ich den ganzen Abend unleidlich gewesen wäre. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf und die Eigner der Kuppel öffneten die Haustüre. Zu meiner Überraschung waren diese weder genervt noch angespannt, sondern hellauf begeistert von unserem Interesse. Nach einem längeren Gespräch stellte sich heraus, dass der eigentliche Besitzer der Sternwarte leider vor einiger Zeit verstorben war und das sie unser klingeln als Bestimmung deuteten. Es ist nämlich so, dass die Angehörigen noch an diesem Abend eine Anzeige zum Verkauf des Equipment setzen wollten.
Rückblickend bedauere ich den Umstand die Warte samt Besitzer nicht schon vorher entdeckt zu haben. Mit Sicherheit wäre er über meinen Besuch erfreut gewesen und mit Sicherheit hätte ich jemanden gefunden der mir bei meinem neuen Hobby unter die Arme gegriffen hätte.
So ist es aber leider nicht gekommen, also besuchten wir die verlassene Sternwarte noch einige Male und letztendlich wanderte alles, inklusive des Meade LX200R, in unser Wohnzimmer. Respektive wurde die Kuppel, bis zu ihrem großen Auftritt im Frühjahr, bei uns eingelagert.
Nach einer äußerlichen Grundreinigung, allen Anschein nach wurde das gut Ding schon eine ganze Weile nicht mehr bewegt, sah das Schmidt-Cassegrain Derivat wieder Topfit aus.
Bei meinen Recherchen habe ich herausgefunden, dass es sich bei dem 14 Zöller mit der Bezeichnung „LX200R„, um das gleiche Modell wie das aktuelle „ACF-SC 355/3550 UHTC LX200 GoTo“ handelte. Wegen einem Namensstreit wurde das „R“ für Ritchey Chretien in ACF für „Advanced Coma Free“ unbenannt. So gesehen habe ich ja ein Sammelstück 😂.
Beinahe Vollautomatisch
Noch in der selben Nacht konnte ich den 14 Zöller auf meiner Veranda zum testen aufstellen, aber genau in dieser Nacht streckte der zunehmende Mond seinen Mittelfinger in meine Richtung. Mein Vorhaben heute noch tief in die weiten des Alls zu schauen, waren schlagartig zunichte gemacht worden. Also dann eben keine DeepSky, dachte ich mir. Vor ein paar Monate hätte ich noch Saturn und Jupiter ins Visier nehmen können, heute bleibt mir wahrscheinlich nur der Mars. Der aber lugt erst so gegen Mitternacht an meinem Haus vorbei.
Wurst! Ich wollte mich heute sowieso „nur“ mit der Mechanik dieses Monstrum auseinandersetzen. Apropos Monstrum! Obwohl ich über Herkules ähnliche Kräfte verfüge, ließ ich es lieber bleiben das dicke Ding alleine auf das Stativ zu hieven. Also musste mein Nachbar dran glauben. Ich denke aber das er gerne daran geglaubt hat, denn er verließ mich dann den ganzen Abend nicht mehr. Keine Ahnung ob das an meiner neuen Errungenschaft oder an meinem selbstgebrauten Glühwein lag?
Meine erste Handlung bestand natürlich darin, den Controller „AstroStar II“ zu reseten. Ich wollte natürlich ganz jungfräulich an die Sache herangehen und wer weiß was alles tief in der Codierung des Handhelds eingestellt wurde.
Nach einem automatischen Neustart begrüßte mich das zweizeilige und offensichtlich kurz vor der Pension befindliche LCD-Display. Leider schwankt der Kontrast des Displays und nach einiger Zeit, bevor es komplett unleserlich wird, erscheinen willkürliche Zeichen, wie „IIIIIOOOOO IIIIOOIII“. Aktionen werden aber dennoch 1:1 übernommen und wenn ich eine Aktion mache die auch das Display betrifft, ist wieder alles leserlich. Sehr seltsam!
Der erste Akt meiner Handlung bestand also darin, die automatische Ausrichtung durchführen zu lassen. Dabei bewegte sich das Teleskop selbstständig in sämtliche Richtung und ermittelt so ihre Endanschläge und Bewegungsgrenzen. Anschließend kam die Kontrolle und automatische Anpassung der lotrechten Aufstellung. Dabei stellt die Mechanik irgendwie fest, ob sich das Teleskop in Waage befindet oder nicht. Sollte das nicht der Fall sein, wird der fehlerhafte Umstand automatisch angepasst – it`s Magic.
Anschließend wird der wahre Norden mit Hilfe des integrierten GPS-Sensors ermittelt und zu guter letzt fährt der Meade zwei helle Sterne an. Hat man diese dann in Standard-Goto Manier mittig ausgerichtet, ist das Meade betriebsbereit. Das alles dauerte in etwa eine halbe Tasse Glühwein mit Lebkuchen oder knapp 10 Minuten.
Mein First Light
Der erste Blick sollte natürlich dem Mond gelten, wenn er schon so aufgeblasen am Himmel thronen musste. Das Schmidt-Spiegel-Setup fuhr wie erwartet von der Grundposition in Richtung kosmischen Nachbar und bestätigte seine endgültige Position durch ein leises Piepsen. Spinn ich? Der Meade parkte irgendwie zwei Mondscheibe vor dem Erdtrabanten. Na super, dachte ich mir, hoffentlich ist da nix kaputt. Um Eingabefehler auszuschließen, ließ ich nochmals eine komplette Neukalibrierung durchlaufen.
First Ligth M15
Mittlerweile ist die Tasse Glühwein leer, aber der „Fehler“ immer noch vorhanden, obwohl ich mir alle Mühe beim mittigen anvisieren der Leitsterne gegeben habe, bin ich visuell einige Minuten zu spät dran. Bevor ich jetzt den Mond manuell anfuhr, testete ich noch die Kalibration anhand eines DeepSky Objekts. Also vorher noch schnell M15 ausgewählt und siehe da, perfekt mittig. Erstaunt war ich nicht nur um die Genauigkeit mit der das Teleskop das Objekt angefahren hat, sondern das trotz aufgehellten Lunarem Himmel, der Haufen an Sterne deutlich als solches erkennbar war. Na gut, der Hintergrund war eher grau denn schwarz, aber bei knapp 200-facher Vergrößerung war ein Nadelstichfeines Bild zu erkennen.
First Light M13
Jetzt hatte ich Blut geleckt, der Mond kann mich vorerst mal. Der nächste Wegpunkt war dann M13 der Herkuleshaufen. Zwar war auch hier der Hintergrund eher grau als schwarz, und dadurch benötigte mein Sehvermögen etwas an Zeit sich anzupassen, aber auch hier waren kleinste Details bis in den Kern zu erkennen.
Bisher hatten „Wir!!“ zwei Objekte beobachten können, M15 und M13. „Wir“ deshalb, weil mein Nachbar natürlich hier blieb und auch einen Blick auf seine ersten DeepSky Objekt werfen wollte. Bis sich unsere beiden Augenpaare an das Duett adaptiert und sich satt gesehen hatten, ist eine weitere Tasse Glühwein vergangen. Wir stiegen sicherheitshalber auf Kaffee um, nicht das wir noch etwaige unbekannte Doppelsterne neu entdeckten.
Der Blick auf die Uhr verriet das wir beinahe zwei Stunden in der Arschenskälte zugebracht hatten. Ein Blick auf meinem Autostar II verriet mir -4°C. Ja, sogar über einen Temperatursensor verfügt mein „Baby“ und die Daten stimmen mit denen meines Außenthermometers überein. Perfekt oder eben auch nicht, denn -4°C können bei Nichtbewegung schon sehr kalt werden.
First Light Mond
Durch das ganze Ausrichtungsgeteste, haben wir doch glatt den Mond vergessen. Wenn er uns schon ärgert, dann wird er wenigsten auch bespannt. Also „Mond“ ins Handgerät eingehackt und wie zu erwarten blieb das Fernrohr wieder knapp zwei Mondscheibe vorher stehen. Also mussten wir mittels Sucher den Rest „manuell“ anfahren.
Blind!!! Ich bin blind!!!. Obwohl ich es genau wusste, habe ich Arsch ungefiltert ins Okular geschaut. Ok, der schmerz ließ zwar nach einer kurzen Weile nach, aber meine Augenadaption war futsch und geärgert habe ich mich! So ein dummer fataler Anfängerfehler!! Während ich unbemerkt, mehr tastend als sehend, das Okular wechselte, übergab ich den Einblick freundlicherweise und natürlich völlig uneigennützig meinem Nachbarn. Er selber war über die mittlerweile 300-fache Auflösung hellauf begeistert. Ich tarnte die Zeit meiner Augenregeneration mit dem machen einer weitere Tasse Glühwein ähmm Kaffee.
Jetzt war ich dran! Der Mond war zwar nicht größer als durch meinen 6 Zöller Newton bei gleicher Vergrößerung, aber augenfällig detailreicher. Außerdem ist auch der Einblick in einem 12mm Okular bedeutend angenehmer als durch einem 6mm Okular mit davor geschnallter Barlowlinse. Mit dieser Vergrößerung war der Mond zwar kein Scheinwerfer mehr, aber immer noch verdammt hell. Der Wechsel auf das 9mm Okular brachte dann ein super angenehmes Bild. Was erzähl ich da! Das Bild war super groß, dennoch scharf und bei 400-facher Vergrößerung immer noch hell genug. Das Seeing war heute beinahe perfekt, es waberte kaum.
First Light M51
Aber wir waren ja auch nicht zum Spaß hier, wir wollten die Stärke des Teleskops testen. Am besten mit dem Mars. Dieser lies aber noch auf sich warten und so war der nächste Stop M51, die Whirlpool Galaxie. Dieses Messier Objekt konnte ich in meinem 6er, bei einer echt guten Nacht, nur mit Müh und Not als Schatten wahrnehmen. Hier und heute erkannte ich deutlich die zwei Galaxien als graue Wölkchen. Beachtlich! Zumal, wir erinnern uns, der Mond noch über uns leuchtete.
Die Zeit bis endlich der rote Planet vorlugte, nutzten wir für einen philosophischen Plausch über das bisher Gesehene. Mittlerweile ist die dritte Tasse Glühwein um, also umgerechnet in etwa 3 Stunden, und Mars konnte endlich in Angriff genommen werden. Super aufgeregt ließ ich meinem Schmidt-Cassegrain den Mars anfahren. Analog zum Mond, hielt dieser natürlich auch wieder eine Station vor dem Objekt. Anscheinend hat das Meade Probleme mit Objekten aus dem Sonnensystem. Wurst, darum kümmere ich mich später.
First Light Mars
Mithilfe des Suchers und den Richtungstasten, brachte ich den römischen Gott des Krieges in den Mittelpunkt. Aber was war das? Enttäuschung machte sich breit. Zwar war der Mars in seiner Farbe zu erkennen und auch seine Schattierungen waren vorhanden, aber super unscharf. Jegliche Versuche mit dem motorisierten Fokussierer scharf zu stellen versagten. „Lass mal sehen“ sagte mein Nachbar, „Na so schlecht sieht er auch wieder nicht aus“. „Oh doch, tut er“ unterbrach ich ihn. Selbst durch meinem 8 Zöller F4 waren mehr Details zu erkennen.
Ich weiß zwar nicht warum, aber irgendwie lief ich um das Teleskop herum und da sah ich es. Tau! Das Frontglas des Meade war komplett Dicht. Also nicht nur leicht Beschlagen, sondern richtig weiß! Ein Wunder das man überhaupt noch was sehen konnte. Mir war zwar das Phänomen bekannt, aber als Newton Besitzer betraf mich so etwas noch nie. Ich beendete daraufhin mein First-Light und packte alles zusammen. Wirklich enttäuscht war ich über den Abbruch nicht, denn ich war komplett durchgefroren.
Fazit
Ich denke das die Optik normalerweise für Planeten hervorragend ist, allerdings sollte ich mir in irgendeiner Form eine Tauschutzkappe besorgen. Dennoch, die kurzen Einblicke begeisterten mich. Rückblickend könnte ich mir noch in den Arsch beißen, denn ich hatte bei der ganzen Aufregung den Ringnebel M57 vergessen. Egal, es kommen ja noch mehr Nächte.
Das Problem mit der Technik und dem anfahren des Mondes und der Planeten könnte ein Problem der alten Firmware sein. Leider besitze ich noch kein Datenkabel für ein Update und demnach muss dieser noch warten. Das Problem mit dem Display ist auch kein Unbekannter. Aus Beiträgen in Foren weiß ich, dass eine Reinigung des Gerätes für Wunder sorgen kann. Allerdings nur Kurzfristig. Neu Kaufen würde zwar auch gehen, und ist auch nicht mit unüberwindbaren Kosten verbunden, aber leider ist das Ding momentan nirgends lieferbar.
Seit diesem Abend sind knapp eine Woche vergangen und der Himmel klarte bisher keine einzige Nacht auf. Aus sicheren Kreisen weiß ich, dass pro Zoll neuem Teleskop, eine Woche trüber Himmel eingekauft wird. Ich hoffe das ist ein Irrtum, oder das zumindest ein gebrauchtes Gerät nur die Hälfte an kostenloser Trübung mitbringt.
CS, Dimi
5 Gedanken zu „Mein „First Light“ mit meinem „Second-Hand“ 14 Zöller Meade LX200R“