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Das man sich einen Okularauszug für ein „nacktes“ Schmidt-Cassegrain Teleskop besorgt, dürfte eher wenig verwundern. Das man aber freiwillige den Wechsel von einem vorhandenen motorisierten Fokus zu einem manuellen vollzieht, schon eher. Was mich dazu bewogen hat den Original Motorfokus gegen einen manuellen Okularauszug zu tauschen erfahrt ihr hier.
Warum manuell fokussieren
Ich besitze ein 14″ Meade Schmidt-Cassegrain Teleskop mit dem Zero Image Shift Motorfokus der gleichnamigen Firma. Mit diesem ist es möglich über die Handbox zu fokussieren. Der Fokussierweg ist mit knapp 12mm ausreichend und lässt sich in drei Geschwindigkeiten regeln. Soweit so gut.
Leider entschied sich Meade für die Doppelnutzung vorhandener Tasten, anstatt dem Motorfokus eigene Tasten zu spendieren. Dazu drückt man zuerst die Taste „4“, für den Wechsel auf den Fokusbetrieb, und steuert anschließend den Motorfokus mit dem 4-Wege-Kreuz und wechselt die Geschwindigkeit mit den Auf-Ab Tasten. Mit einem Druck auf „Mode“, wechselt man wieder zurück in den normalen Montierungsbetrieb der Handbox.
Das Umschalten zum Fokus und wieder zurück ist meiner Meinung nach etwas doof geregelt. Vor allem dann, wenn man den Modus in dem man sich befunden hat vergessen hat. Anstatt zu fokussieren, bewegt man auf einmal das Teleskop. Was sich beim visuellen Beobachten schon nervig anhört, kann beim Planetenfilmen zur Katastrophe werden.
Ein weiteres Problem kann der schnelle Wechsel zwischen beiden Modi sein. Wenn man überhastet die „Mode“ Taste drückt, um schnell das Teleskop zu bewegen, kommt die Software nicht mit und der letzte Fokusbefehl wird einfach weiter ausgeführt. So kann es passieren das der Motor des Fokussierer sich endlos weiter bewegt, obwohl man mit dem Steuerkreuz schon das Teleskop bewegen kann. Ich muss aber zugeben das so etwas eher selten passiert und durch ein kurzes warten vermieden werden kann. Aber wenn es während der Planetenaufnahme passiert, gibt es nichts ärgeliches.
Ein kleines Manko ist auch die Softwaresteuerung via ASCOM. Zwar findet man einige Treiber für den Meade Zero Image Shift, diese werden aber nicht von jeder Anwendersoftware richtig angesteuert. Während APT den Fokus normal ansteuert, hat zum Beispiel N.I.N.A. Probleme damit. Allerdings kann das auch an meiner EDV Inkompetenz liegen, denn stundenlanges implementieren in verschiedenster Anwendungen ist echt nicht mein Ding.
All diese kleinen Unannehmlichkeiten regten mich dazu an über einen manuellen Okularauszug nachzudenken. Und wie das so oft beim „Nachdenken“ ist, folgt danach die Recherche und nach der Recherche der Kauf. Letztlich habe ich mich für den Baader Diamond Steeltrack BDS-SC 2* entschieden.
Der Baader Diamond Steeltrack BDS-SC 2″
Der Okularauszug Baader Diamond Steeltrack ist ein echter Brocken. Er wiegt knapp ein Kilo und besitzt ein sogenanntes „mikronisiertes“ Getriebe. Was das genau ist, ist gar nicht mal so leicht herauszufinden.
Im eigentlichem Sinne handelt es sich beim Baader Diamond Steeltrack um einen ganz „normalen“ Crayford Okularauszug. Zu der neuen Namensgebung kommt es durch ein paar spezielle Eigenschaften gewürzt mit etwas Marketing-blabla. Mir persönlich gefallen so ausgedachte Namen eher weniger und verwirren mehr als das sie einem helfen. Aber na gut, wahrscheinlich muss das so sein.
Nötig hätte es der Diamond Steeltrack aber nicht, denn er ist ein wirklich guter Okularauszug. Bei der Herstellung wurde vor allem Wert auf die verwendeten Materialien gelegt und bei der Montage auf möglichst präzisen Sitz. So besitzt der Diamond Steeltrack extra große Kugellager mit einer Diamantbeschichtung und das Getriebe zeigt keinerlei Spiel während der Bewegung.
Auf der Herstellerseite findet man unter anderem folgende Daten:
- Echte Diamanten bilden ein hochpräzises, mikronisiertes Getriebe – in dieser Form noch nie zuvor verwirklicht
- Im Gegensatz zu herkömmlichen Crayford- oder Zahnstangentrieben sorgt das mikronisierte Getriebe des Diamond Steeltrack® für völlig spielfreie Bewegung, komplett rutsch- und verwindungsfrei
- Das Lagersystem beinhaltet unzerstörbare, 10mm breite Rollenlager anstelle von schmalen Kugellagern – dadurch können schwerere Lasten mit höchster Präzision und Verwindungssteifheit getragen werden (gänzlich ohne Teflon)
- kürzeste mechanische Ausführung, unter Wahrung der optimalen Balance zwischen geringster Baulänge (= Gewinn an Backfokus) und größtmöglicher Steifigkeit
- Nettogewicht: 1070 gr.
- 30mm Fokussierweg
- 6 Kilogramm Zuladung/Tragfähigkeit
- 1:10 untersetzung
- Innenanschluss Teleskopseitig: Gewinde, 2″ (50,8mm), 3,3″, UNC
- Innenanschluss Okularseitig: Gewinde, Klemme, Ringklemme, M55, S58, 2″ (50,8mm)
- Steckgröße 2 Zoll
Montage des Diamond Steeltrack BDS-SC 2″
Teleskopseitig befindet sich am Okularauszug ein 3,3″ SC-Gewinde inklusive einer Reduzierung auf 2″ SC-Gewinde. Entfernt man das Reduzierstück, und legt so den 3,3″ SC-Anschluss frei, ist es möglich den Diamond Steeltrack direkt und ohne Meade eigener Adapterplatte (in der Meade Bedienungsanleitung als Tubusanschluss bezeichnet) an den LX200ACF zu montieren. Natürlich nur wenn dieser, wie im Fall meines 14 Zoll LX200-ACF, über einen 3,3 Zoll SC-Anschluss verfügt.
Damit kommen wir auch endlich zu der zwei Fliegen mit einer Klappe Aussage in der Überschrift, denn das Diamond Steeltrack ersetzt damit die von anderen Herstellen oft als „EyeOpener“ bezeichnende Erweiterung.
EyeOpener, eine kurze Erklärung
Beim EyeOpener wird der Tubusanschluss des original LX200, durch einen Anschluss mit größerem Durchmesser ersetzt. Dadurch soll mehr Licht durch die Anschlussöffnung gelangen und so für den „Augenöffner“ sorgen. Das klingt alles recht einleuchtend, soll aber in der Praxis gewissen Bedingungen unterworfen sein und sich erst bei Okularen mit sehr großen Brennweiten bemerkbar machen.
Beim Diamond Steeltrack Okularauszug kann der original Tubusanschluss des LX200ACF auch entfernt und durch das großzügige 3,3 Zoll Baader Steeltrack Derivat ersetzt werden. Ähnlich dem EyeOpener.
Ob die dadurch entstandenen 10mm mehr an Öffnung tatsächlich für den „Augenöffner“ sorgen kann, bleibt abzuwarten. Allerdings wird es mit Sicherheit auch kein Nachteil sein den Durchmesser so groß wie möglich zu halten.
Letztlich ragt der Baader Okularauszug ca.10mm weiter nach hinten heraus als das Zero Image Shift von Meade. Was aber eine vertretbare Länge ist, da sich mit dem Baader Okularauszug auch der Fokusweg in etwa verdoppelt hat.
Der Baader Diamond Steeltrack in der Praxis
Wie erwähnt ist der Diamond Steeltrack ein massives Stück Hardware und lässt zumindest materialseitig keinen Zweifel an seiner Hochwertigkeit aufkommen.
Die 2 Zoll Okularaufnahme ist mit 3 Feststellschrauben samt Ringklemme versehen, welche sich geradezu in die 2 Zoll Gerätschaften wie Okular, Zenitspiegel und Kamera festbeisst.
Jeder der schon mal versucht hat etwas schweres Equipment in No-Name Okularaufnahmen zu befestigt hat, weiß wie nervig kümmerliche Klemmen sein können. Beim Baader Diamond Steeltrack hält alles Bombenfest in jeder erdenklichen Position.
Ob man jetzt auch tatsächlich 6 Kilo anhängen kann, habe ich nicht getestet. Aber mit knapp 2 Kilo hatte der Okularauszug keinerlei Schwierigkeiten. Selbst wenn diese versetzt ist, also sich der Schwerpunkt außerhalb der Mitte befindet, hatte die Klemme alles fest im Griff.
Beim Beobachten lässt sich das Blendrohr präzise mit dem Fokussierknopf verstellen. Selbst das Fokussieren für DeepSky Aufnahmen lässt sich super fein einstellen. Was angesichts der 1:10 Untersetzung nicht verwundern dürfte. Jede Verstellmöglichkeit am Okularauszug wirkt äußerst Robust und absolut Spielfrei. Haptisch lässt der Okularauszug nie das Gefühl von „billig“ aufkommen.
Ein weiterer Vorteil zum Motorfokus ist der nun längere Fokussierweg (35mm anstatt 12mm), damit muss ich innerhalb einer Sitzung nicht mehr den Hauptspiegel bemühen. Dieser muss nur noch beim Wechsel zwischen visueller Beobachtung und Fotografie verstellt werden. Beim Wechsel zwischen verschiedenen Okularen, oder beim anbringen des Filterrades, reicht der Weg des Steeltracks im Normalfall aus.
Fazit
Im Großen und Ganzen bin ich froh den Wechsel vom Meade Zero Image Shift zum Baader Diamond Steeltrack BDS-SC 2 gewagt zu haben. Einzig das Umgreifen von der Fernbedienung zum Okularauszug ist etwas sperriger als noch vorher. Ansonsten hat der Baader aber nur Vorteile mit sich gebracht. Er ist bedeutend robuster und belastbarer als das Original und der Fokussierweg hat sich verdoppelt. Den Kauf eines „EyeOpener“ erspart der Baader auch, falls man diesen überhaupt in Betracht gezogen hätte. Leider variieren die Preise teils deutlich und richten sich nach der Verfügbarkeit des Okualrauszuges. Nicht selten schwankt der Verkaufspreis zwischen 50 Euro und mehr.
Sollte sich das manuelle fokussieren für mich irgendwann als lästig erweisen, ließe sich der Diamond Steeltrack auch mit einem Motor nachrüsten. Hierfür gibt es vom Hersteller selber eine Lösung, aber auch Dritthersteller, wie z.B. die Firma ZWO, bieten einen Motorfokus für den Baader Diamond Steeltrack an.
CS, Dimi
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1 Gedanke zu „Zwei Fliegen mit einer Klappe! Der Baader Diamond Steeltrack Okularauszug für Schmidt-Cassegrain Teleskope“