Weder Fisch noch Fleisch: Meine Erfahrung mit dem TS-Optics 6″ Photon Newton Teleskop (N 150/750 OTA, TPM6F5)

Heute möchte über mein neues „TS-Optics 6 Zoll Photon“ (*) Teleskop schreiben, welches ich seit knapp drei Monaten besitze. Wieso ich mich gerade zu diesem Teleskop hinreißen habe lassen, könnt ihr in Gedanken über das richtige Teleskop für meine Skywatcher (N)EQ-5 und warum ein N 200/1000 eine schlechte Wahl ist nachlesen.

Der Artikel setzt sich aus ein bisschen technischer Schwafelei, ein paar praxisnahen Anwendungsfällen und natürlich dem obligatorische Fazit zusammen. Alles natürlich aus der Sicht eines Einsteigers, also viel Spaß beim lesen.

Allgemeine technische Daten

  • Öffnung: 150 mm (6″)
  • Brennweite: 750 mm
  • Öffnungsverhältnis: f/5
  • Hauptspiegel: Parabolischer Hauptspiegel mit 94 % forcierter Reflexion und Quarzschutzschicht
  • Fangspiegel: 63 mm – ideal für APS-C Format Sensoren mit passendem Komakorrektor
  • Gesichtsfeld: ca. 38 mm Ausleuchtung zu 90 % – geeignet für Kameras bis Vollformat und große 2″ Okulare
  • Okularauszug: 2″ Crayford Auszug mit Adapter auf 1,25″ und Ringklemmung
  • Backfokus: ca. 78 mm
  • Gewicht des Tubus: 5,9 kg
  • Durchmesser des Tubus: 179 mm
  • Länge des Tubus: 690 mm

Das TS-PHOTON 150/750mm Advanced Newton*, so die offizielle Bezeichnung, ist ein auf Fotografie getrimmtes Newton Teleskop. Das heisst im Grunde eigentlich nur, dass man zum Wohle der Astrofotografie mit zwei „klitzekleinen“ visuellen Einschränkung leben muss. Zum einen wäre das der relativ große Fangspiegel und zum anderen der sehr kurze aber dafür kamerataugliche Okularauszug.

Der Fangspiegel besitzt mit einem Durchmesser von 63mm eine stattliche Größe. Das ist zwar super für großsensorige Kameras, klaut aber durch die 15% mehr an Fläche auch etwas mehr des einfallenden Lichtes. Normale visuelle Newtons warten da nämlich mit einem Fangspiegel von etwa 50mm Durchmesser auf. In wie weit sich dieser Zentimeter an Durchmesser auch optisch bemerkbar macht, kann ich mangels eines Referenzgerätes leider nicht beurteilen. Allerdings sollte man bei der ganzen detailversessenen Prozentrechnerei immer folgendes bedenken. Ein gutes Bild ist von vielen Faktoren abhängig und ein dunkler Himmel durch nichts ersetzbar.

Der sogenannte Backfokus, also der Abstand zwischen der Okularaufnahme (dem Brennpunkt) und dem Fangspiegel, fällt bei diesem fototauglichen Teleskopen sehr kurz aus. Darüber freut sich zwar die Systemkamera, egal ob mit oder ohne Spiegel, das menschliche Auge aber eher weniger. Diesen Umstand löst das TPM6F5 durch eine beiliegende 35mm lange und 2 Zoll dicke Verlängerung. Diese wird bei der visuellen Beobachtung einfach zwischen dem 2 Zoll Auszug und dem 1,25 Zoll Adapter geklemmt. Solche Distanzhülsen gibt es auch noch in 50mm (*) und 80mm (*) Länge, wobei bei meinen Okularen eine 50mm Distanzhülse die bessere Wahl gewesen wäre. Dazu aber später mehr.

Der Lieferumfang

Drei Tage nach meiner Bestellung klingelte schon der Postbote an der Tür und drückte mir ein Paket mit der Aufschrift „Fragile – handle with care“ in die Hand. Ich wusste natürlich sofort was sich darin befinden würde und ein paar Buttermesserhiebe später, konnte ich einen Blick auf den sehr sicher verpackten Inhalt werfen.

Feinsäuberlich auspackt und auf dem Esstisch ausgebreitet, sah das ganze dann in etwa so aus.

Folgende Komponenten befinden sich nun ausgebreitet vor mir:

  • Ein 150mm f/5 Newton mit einem 2″ Crayford Auszug
  • Rohrschellen mit Prismenschiene
  • 2″ Verlängerung mit 35mm für die visuelle Beobachtung
  • Reduzierring von 2″ auf 1,25″
  • 6×30 Sucher mit Schnellkupplung (Vixensytle-Sucherschuh)
  • einige Schrauben

Meister du wirst es mir nicht glauben, ich kann auch mit dem Hammer schrauben

Das man mit einer deutsche Bedienungsanleitung nicht mehr rechnen darf, bin ich ja gewöhnt. Das aber gar keine Anleitung beiliegt, ist schon ein bisschen traurig. Naja, so schwer kann das zusammenbauen ja eigentlich gar nicht sein, dachte ich mir und zwei Rohrschellen und einem Sucherfernrohr später sah das ganze dann so aus.

Ganz malheurfrei war der Zusammenbau dann aber doch nicht, denn die Rohrschelle besitzt jeweils zwei Bohrlöcher an gegenüberliegenden Seiten. Welche nun für die Prismenschiene, also der Aufnahme zur Montierung und welche für späteres Zubehör sein soll, bemerkte ich erst als die beiliegenden Schrauben im inneren der Rohrschelle auftauchen.

Ich hab mich beim schrauben zwar schon ein wenig über die Schwergängigkeit gewundert, dachte aber das sich nur Lackreste im Gewinde befinden würde. Letztendlich habe ich aber dem Innengewinde eine neue Steigung verpasst und das ohne der Zuhilfenahme eines Gewindebohrers. Ich hoffe nur das ich nie Zubehör daran befestigen muss. Also merken: Die dickere aber schmälere Aufnahme ist für die Prismenschiene.

Der Tubus

Der Tubus selber besteht natürlich aus Metall, ist aber sauber in einem glänzendem schwarz lackiert. Zumindest konnte ich bei meinem Tubus keine dünnen halbtransparenten Lackschichten, Läufer oder gar Nasen erkennen. Das innere des Tubus ist matt gehalten, was für weniger störende Reflexionen sorgen sollte. Insgesamt wirkt alles ordentlich und solide verarbeitet, allerdings fehlen mir da auch Referenzen, da es sich beim TPM6F5 um mein erstes eigenes Newton handelt. Dennoch bin ich von der Qualität des Tubus sehr angenehm überrascht.

Einen Wermutstropfen hat das Teleskop dennoch, denn leider leider wird der Öffnungsdeckel in den Tubus eingeklemmt. Das wäre zwar nicht weiter schlimm, allerdings sitzt dieser sehr streng und führt nach einiger Zeit unweigerlich zu Blessuren im Lack. Da sind wir doch froh, dass es sich bei den Rohrschellen und Klemmen um Aluminiumdruckguss handelt und somit nicht rosten kann.

Bei dem von mir georderten Teleskop, handelt es sich um das „Neue“ mit weinroten Akzenten, dass Vorgänger Modell kam noch im kompletten schwarzen Antlitz daher. Außer der Farbe gibt es aber keine weiteren Unterschiede, so zumindest die offizielle Aussage des Herstellers.

Eines noch zum verwendeten Material des Tubus. Zwar gibt es auch leichtere Newtons aus Carbonfaser, allerdings sind dies auch bedeutend langsamer in der Temperaturanpassung. Ich glaube was von der doppelten Zeit gelesen zu haben, die ein Carbontubus länger für die Temperaturanpassung benötigt, als ein gleicher Tubus aus Metall.

Der 2″ Crayford Auszug

Für eine optimale Bildübergabe vom Fangspiegel zum Okular, beziehungsweise zur Kamera, kommt ein sogenannter Crayford Auszug zum Einsatz. Da der Wikipedia Eintrag wirklich in sehr kurzen Worten zusammenfasst was man über einen Crayford Auszug wissen sollte, wurde dieser einfach 1:1 übernommen.

…Sein Antrieb beruht auf einer glatten Stahlwelle, welche auf eine raue Metallfläche am Auszug oder auf den Auszug direkt gepresst wird. Durch den geringen Durchmesser der Welle ist ein sehr genaues Einstellen möglich. Zusätzlich ist oft an einer Seite ein zweiter Drehregler angebracht, welcher über ein Planetengetriebe eine Untersetzung auf ca. 1:10-fach und damit ein noch genaueres Einstellen ermöglicht.

Wikipedia

Die beiden Einstellschrauben am unteren Ende des Auszuges dienen einerseits zur Arretierung und andererseits zum Einstellen des Reibwiderstandes. Um so fester diese Schraube eingedreht wird, um so schwerer lässt sich der Auszug bewegen. Ist die Schraube ganz locker, lässt sich der Auszug mit der Hand hin- und herbewegen.

Die von Wikipedia genannte 1:10 Untersetzung fehlt diesem Auszug, kann aber für knapp 70€ Aufpreis mit bestellt werden. Allerdings sollte man den Händler beim Kauf des Gerätes darauf hinweisen, denn ein nachträglicher Austausch ist zwar möglich, kostet aber ungleich mehr.

Erste Praxiserfahrung mit dem Photon

Der erste Schritt bestand darin noch Tagsüber den Haupt- und Fangspiegel zu justieren. Der dafür benötigte Justierlaser* ist zwar nicht Teil des Lieferumfangs, sollte aber als Zubehör gleich mit bestellt werden. Früher oder später kommt man nicht umhin die Spiegel zu justieren, dass gehört einfach mit dazu.

Also rauf mit dem Newton auf die Montierung und loslasern was das Zeug hält. Mit dem Video von Astroshop dürfte auch jeder Laie die Spiegel einstellen können.

Danach heißt es noch den Sucher einstellen, also wanderte das 18mm Okular im Auszug des Newton und die Suche nach Nachbars Satellitenschüssel begann. Zuerst entdeckte ich die unscharfe Dachziegeln, also wurde am Fokus gedreht. Der Auszug wanderte immer weiter nach außen und das Bild wurde immer schärfer. Kurz bevor alles gestochen scharf wurde, drehte der Crayford Auszug auch schon durch. Ich hatte den maximalen Weg des Auszuges ausgenutzt und trotz 35mm Distanzhülse waren die Ziegel noch unscharf.

Mir blieb also nichts anderes über, als die 35mm Distanzhülse und den 2″ auf 1,25″ Adapter etwas aus dem Auszug herauszuziehen und wieder festzuspannen.

Die dadurch gewonnen 5mm mehr an Distanz, reichten aber auch schon aus um das Bild fokussieren zu können. Das ist wohl der Nachteil eines kurzen Okularauszugs.

Die erste Nacht

So langsam beginnt es auch endlich zu dämmern und da das Teleskop schon seit dem späten Nachmittag auf dem Balkon stand, konnte ich als Vorbereitung zumindest meine Okulare fein säuberlich auf den Tisch ausgebreiten. Wenn ich wie an diesem Abend sehr viel Zeit zum „spechten“ habe, zelebriere ich das ganze immer gerne ein wenig. Es macht einfach unheimlich Spaß wie ein Chirurg sein Werkzeug vorzubereiten und sich nochmals mit dem Ablauf der kommenden Nacht vertraut zu machen. Bei den Okularen handelt es sich um die Baader Classic Orthos in 6mm, 10mm und 18mm.

Glücklicherweise dauert es nicht lange und meine beiden Lieblingsobjekte, Jupiter und Saturn, konnten mit dem 6×30 Sucher anvisiert werden.


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