Man mag es kaum glauben, aber auch einfache Gabelmontierungen möchten gerne im Gleichgewicht sein. Aufgefallen ist mir das beim Einparken meines Teleskops. Kurz bevor mein 14 Zoll Schmidt-Cassegrain die Parkposition erreicht hatte, und die Gabelmontierung dafür stark abbremsen musste, schaukelte das ca. 25 Kilo schwere Teleskop gewaltig auf. Deutlich hörbar dazu heulte der Motor im Takt der Schwankungen auf und ab.

Mir war sofort klar das es der Montierung an Gleichgewicht mangelt. Zum Balance-Test löste ich die Arretierung der DEC-Kupplung und zeitgleich raste die Öffnung in Richtung Sternwartenboden. Ich musste schon beherzt zugreifen damit das Teleskop nicht kopfüber auf die Gabel aufschlägt.
Im Idealfall bleibt der Tubus ja an Ort und Stelle oder bewegt sich nur langsam beschleunigend in eine Richtung. Aber hier bei mir scheint schon ein ordentliches Ungleichgewicht zu herrschen!

Mir war klar das meine ganzen Anbauten wie Taukappe und 80/600 Guidingrohr das Teleskop kopflastig hat werden lassen, aber das es so enorm ausfallen würde war mir nicht klar.

Ein Gegengewicht für mehr Balance

Ein Gegengewicht musste also her, diese sind ja bei parallaktischen Montierung gang und gäbe und sollten daher auch für Gabelmontierungen existieren. So zumindest mein Gedanke, aber weit gefehlt.
Der Meade Tubus besitzt zwar an der Unterseite Anschraubpunkte, diese sind primär für den Anbau einer Schwalbenschwanz Schiene gedacht. So kann der Tubus auch an gängigen Montierungen, wie zum Beispiel der Skywatcher EQ8* (von der Träume ich sogar Nachts 😁) montiert werden.

Für eben diese vier Gewindehülsen gibt es aber auch Laufgewichtsätze. Dummerweise gehen aber beinahe alle Hersteller davon aus das sich das zusätzliche Gewicht vorne am Teleskop befinden sollte (siehe Bild unten).

Ich für meinen Fall benötige aber das Gewicht hinten am Okularauszug und das einzige Unternehmen was ich diesbezüglich finden konnte, war das US Unternehmen „Petersonengineering„.
Eine unbekannte ist die Firma für mich nicht, habe ich mir dort schon das Buck´s Gears Tuningsatz bestellt und von Astroshop einbauen lassen (MEHR PRÄZISION, WENIGER FRUST! BUCK’S BIGSCOPE GEARS TUNING SATZ FÜR DAS MEADE LX200 14″).
Das angebotene Gegengewicht „EZ Balance Gegengewicht“ könnte daher genau das richtige für mich sein. Diese Gewichtsscheibe wird einfach nur zwischen dem Okularauszug und der SC-Aufnahme am Teleskop geklemmt.

Leider kostet der Versand aus den vereinigten Staaten mit 67,25$ deutlich mehr als das eigentliche Bauteil (48,99$). Das ist aber nicht mein Hauptproblem! Das eigentliche Problem ist die Aufnahmevorrichtung des Gegengewichts. Mittels einer stufigen Bohrung wird die Gewichtsscheibe über die SC-Kupplung gesteckt und mit dem Okularauszug festgeklemmt. Der Okularauszug darf dafür aber den Durchmesser von 90mm nicht überschreiten. Mein Baader Steeltrack besitzt aber 93mm und so kann dieser nicht in das „EZ Balance“ geschraubt werden. Also fällt die einfache Kauflösung schon mal ins Wasser.

Selbst ist der Mann

Also selbst Hand anlegen und irgendetwas basteln. Dafür musste ich aber erst einmal wissen wo ich das Gewicht anbringen und wie schwer dieses sein sollte.

Nach langem überlegen habe ich mich dazu entschlossen die zwei hinteren Schwalbenschwanz Anschraubpunkte und den Tubusgriff am Ende des Teleskops als Anschlagpunkt für das Gegengewicht zu verwenden.

Für die untere Schwalbenschwanzaufnahme ließ ich mir ein weiteres mal einen Lagerbock von der Firma „3D-Druckwerkstatt“ drucken (siehe Artikel). Da der dieser aber mehr Gewicht tragen musste, fiel dieser bedeutend dicker aus als noch beim Leitrohr.

An diesem Lagerbock wurde eine Konstruktion aus Mehrschichtholz geschraubt und markiert so den vorderen Teil meiner Gewichtsaufnahme.
Für die Aufnahme am Tubus-Griff entschied ich mich für eine Klemmlösung. Dazu wurde eine Aluleiste von oben in eine drunterliegende Mehrschichtplatte geschraubt. Dazwischen befand sich der Tubus-Griff. Das ist überraschenderweise sehr solide.
Zwischen den beiden Holz Haltepunkten wurde dann einfach nur ein Alurohr geschraubt. An diesen wird dann ein passende Gegengewicht geklemmt.

Apropos Gewicht, dieses musste ja erstmal bestimmt werden. Aus diesem Grund besorgte ich mir von einem Bekannten eine Federwaage. Stolze 8 Kilo würde ich benötigen wenn ich das Gewicht direkt am Lagerbock befestige. Am Griff waren es nur noch 2 Kilo.

Ich entschied mich dann für ein knapp 2 Kilo schweres Gewicht, denn dieses lag bei mir noch herum. Da ich das Gewicht ziemlich weit nach vorne schieben konnte, könnte es ausreichen.
Das ganze hat dann auch gut funktioniert, sah aber irgendwie klobig und unelegant aus.

Nebenbei reichte mein 2 Kilo Gewicht nicht ganz aus. Es war zwar bedeutend besser als vorher, dass Teleskop kippte sich im Freigang nur noch sehr langsam nach vorne, aber ein paar Gramm mehr könnten es schon sein.

Der zweite Versuch

Nach nicht ganz einer Woche konnte ich den Anblick der dicken Holzkonstruktion nicht mehr ertragen und so baute ich nach dessen Vorbild eine schmalere Metallkonstruktion nach.

Anschließend wurde alles schwarz lackiert und angeschraubt. Da das 2 Kilo Gewicht nicht ganz ausreichte, besorgte ich mir das relativ günstige Omegon Laufgewicht* mit knapp 2,6 Kilo. Dieses wurde natürlich auch in der Farbe der Halterungen lackiert.

Wenn ich jetzt visuell beobachte und das Gewicht auf Anschlag nach vorne Schiebe, ist das Teleskop perfekt im Gleichgewicht und hält in jeder Position freistehenden.
Bei Fotoaufnahmen reichen die 2600 Gramm am hinteren Anschlag nicht ganz aus um ein Gleichgewicht zu erzeugen, aber es ist bedeutend besser als noch vorher. Nur noch ganz sanft und langsam kippt beim öffnen der DEC-Kupplung das Teleskop nach vorne.

Meine Montierung bockt auch nicht mehr beim beschleunigen oder abbremsen und der Motor heult auch nicht mehr unnatürlich auf. Ich würde sagen mein Projekt Gegengewicht ist ein voller Erfolg.

CS Dimi

---