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Es gab eigentlich nichts auszusetzen an meinem ersten wunderbaren Abend mit meinem Teleskop, außer das elendige herumgeeiere des gleichen. Jede Aktion wurde mit zittern und nachschwingen belohnt. Jeder Okualarwechsel mit einer Verschiebung des Gesichtsfelds und am schlimmsten war der Versuch einer feindosierten Teleskopbewegung. Mit der alten Gabelmontierung war das beinahe unmöglich.
Rückwirkend betrachtet war die Montierung die absolute Spaßbremse des ganzen Abends. Das zermürbende Suchen des Objekts im Okular, das ständige sensible antippen des Teleskops, gepaart mit einer kleinen Portion an Glück, um dann am Ende endlich das passende Bild her gestottert zu haben. Das verschlang nicht nur die meiste Zeit des Abends, sondern war auch der Grund sich schleunigst nach etwas besserem umzuschauen.
Meine holprige Einführung in Sachen Montierung
„Suche stabile Montierung für mein altes Teleskop, wenn möglich Zukunftssicher für ein größeres Teleskop. Darf ruhig bis 400€ kosten.“
Natürlich habe ich meine Frage bedeutend gebührender und viel schöner verpackt in einer kleinen Geschichte vorgetragen. Weiß ich doch wie allergisch man in Foren auf echt „doofe“ Anfängerfragen reagiert. Ich war auch zuversichtlich das ich nicht lange auf eine Antwort warten müsse und optimistisch dahingehend, dass meine Preisvorstellung unverhältnismäßig hoch sei und mir daurch eine luxuriöse Montierung in die Hand gespielt wird.
Die eigentlichen Antworten waren dann doch eher ernüchternd und der allgemeine Konsens bezüglich der Preisvorstellung, war in etwa so:
„Bei der Preisklasse wirst du am unteren Sektor der guten Montierungen landen, vor allem wenn du mit dem Gedanken spielst irgendwann ein großes Teleskop zu kaufen“
Schnell wurde mir klar das die Community damit völlig richtig lag! Richtig große und geile Teleskope wiegen 10 Kilo und mehr. Montierungen mit etwa 400€ als Preisbasis, sind bei dieser Gewichtsklasse schon am Limit und würden mit so einem Teleskop auch wieder nachschwingen.
Die Qual der Wahl, die eigentlich keine war
Da ich aber an meiner 400€ Preispolitik nichts ändern wollte, immerhin führe ich noch ein glückliches Eheleben, lag meine Zuladungsgrenze eben bei diesen knapp 10 Kilo. Die Frage ob „Azimutale“ oder „Parallaktische“ Montierung stellte sich mir hingegen nicht. Zwar musste ich zuerst googeln worin der eigentliche Unterschied zwischen den beiden bestand, aber wenn ich es als Anfänger herunterbreche, dann komme ich auf folgende Kernaussagen:
Eine Azimutale Montierung steht parallel zum Horizont und lässt sich an diesem entlang oder vertikal nach oben und unten bewegen. Also so, wie man es von einem normalen Stativ für die Fotokamera her kennt und so, wie ich es bisher von meiner Gabelmontierung gewohnt war. Das scheint relativ einfach bei der praktischen Umsetzung zu sein, ist aber sehr beschränkt wenn es um das Aufrüsten und das Nachführen geht.
Die Parallaktische Montierung hingegen steht gleich zur Erdachse, also irgendwie Schräg! Das ist zwar anfänglich ein ungewohnter Anblick, hat aber den Vorteil das man nur noch eine Achse verstellen muss um den Lauf der Sterne zu folgen. Außerdem gibt es für die namhaften Hersteller der parallaktischen Montierungen, sämtliches Schnickschnack an Zubehör. Wer will kann später eine GoTo Vorrichtung montieren und mit dieser das Teleskop vollautomatisch in Richtung Ziel führen lassen.
Eine EQ Montierung mit 10 Kilo
Das Kürzel „EQ“ steht für „equatorial mounting“ oder auch „deutsche Montierung“, was eigentlich das gleiche ist wie die erwähnte parallaktische Montierung. Allen Anschein nach war es die Firma Skywatcher die ihre parallaktischen Montierungen mittels Zahlen in Klassen unterteilt hat. Um so höher die Zahl, um so höher die Tragfähigkeit. Beinahe jede Montierung der gleichen „Gewichtsklasse“, basiert auf der gleichen Architektur. Daher sind beinahe alle identisch in Sachen Aufbau, Tragfähigkeit und Art der Bewegung. Soweit meine persönliche Beobachtung.
In meinem persönlichen Jagdgebiet tummeln sich also die 10 Kilo Montierungen. Es gibt zwar auch die etwas günstigeren mit etwa 5 Kilo und von Zwittern und Zwischengrößen mal abgesehen, die nächst größeren mit knapp 20 Kilo Traglast. Aber während mir die 5 Kilo doch zu wenig erschien, sind die 20 Kilo Monster mit ihren Preisen jenseits der eintausend Euro Marke einfach zu hochpreisig. Zumal ich anfänglich meine Objekte gerne manuell ansteuern möchte und die „Großen“ alle mit Motoren aufwarten.
Wichtig für mich war neben dem Preis und der Traglast, auch eine Feinjustierung der beiden Achsen. So wie bisher mit meiner billigen Gabelmontierung, möchte ich mein Fernrohr nicht mehr bewegen. Glücklicherweise scheinen beinahe alle Montierungen, azimutal eingeschlossen, mit einer Feineinstellung ausgerüstet zu sein.
Nach einigen Nächten der Recherche in den weiten des Internets, kamen für mich drei Montierungen in die engere Auswahl:
Das Omegon EQ-500 X
Der Hersteller Omegon scheint eine Hausmarke des bekannten Astroshops zu sein und daher vielleicht eine ganz gute Wahl wenn es um den Kundenservice geht.
(Als kleine Anmerkung, alle meine Fragen an diesen Shop wurde zeitnah und zufriedenstellend beantwortet.)
Die Omegon EQ-500 X (*) ist aber relativ neu und hat den Nachteil noch über wenig bis gar kein Zubehör zu verfügen. Allerdings befinden sich einige Dinge in Entwicklung, wie z.B. Motoren für eine Nachführung.
Das Bresser Messier EXOS-2 EQ
Die Bresser ESOX-2 (*) ist bezüglich ihrer Gewichtsangabe von 13 Kilo Traglast, etwas umstritten in der Community. Allerdings ist die Resonanz der Eigner grundsätzlich positiv. Wichtig zu erwähnen, der Zubehörkatalog für die Montierung ist riesig und Fragen an den Hersteller wurden schnell und angemessen beantwortet.
Leider ist die aktuelle Lieferbarkeit mehr als dürftig, was mir die Entscheidung dann relativ einfach gemacht hat.
Das Skywatcher EQ-5
Am Ende ist es dann doch die altbewährte Skywatcher EQ-5 (*) geworden, obwohl hier offenbar ein direkter deutschsprachiger Service nicht möglich ist. Leider.
Dafür stimmt für mich das Gesamtpaket aus persönlichen Erfahrungsberichten, Zubehör und technischen Daten. Nebenbei ist die Skywatcher EQ-5 kurzfristig lieferbar.
Mein erster Eindruck
Das riesige Paket kam ein paar Tagen nach der Bestellung bei mir an und hatte ein enormes Gewicht von 25 Kilogramm. Ausgepackt und in Einzelteilen auf den Tisch ausgelegt, ergab sich folgendes Bild.
Es sieht vielleicht ein bisschen kompliziert aus, aber der Zusammenbau war echt Easy. Stativ auseinander klappen, Okularhalterung anbringen und die eigentliche Montierung von oben anschrauben – Fertig. Das hätte ich mir wirklich komplizierter vorgestellt.
Der Größenunterschied zwischen der alten und der neuen Montierung ist schon beeindruckend und hätte nicht imposanter ausfallen können.
Bastelstunde: Das Anbringen des alten Refraktors
Das Anbringen des alten Refraktors erwies sich dann doch als etwas schwieriger als erwartet. Weder im Zubehör noch von Bresser selber gab es für mein Uralt Teleskop einen Nachrüstsatz mit Prismenschiene. Die Prismenschiene ist aber notwendig um das Teleskop fest mir der Montierung zu verbinden. Also war wohl etwas basteln angesagt.
Besorgt habe ich mir hierfür eine sehr günstige Prismenschiene (*) und einfache, zu meiner Teleskopdicke passende (70mm), Rohrhalterungen (Amazon).
Der Rest ist für jeden der mit Bohrmaschine, Senkbohrer und Schraubendreher umgehen kann kein Problem. Am Ende sah das Konstrukt so aus.
Fertig montiert an der Skywatcher EQ5 sah das ganze dann in etwa so aus und war vom ersten Eindruck her Bombenfest.
Der erste und unter reale Bedingungen gehaltene Stabilitätstest, steht aber noch aus. Zuvor musste ich mich erst mit den Eigenheiten einer solchen parallaktischen Montierung auseinandersetzen. Denn einer normalen Halterung gleicht das Teil bestimmt nicht. Die ganzen Skalen und Verstellmechanismen, Drehknöpfe und Festellschrauben, sowie den Gegengewichten und dem Polsucher, verwirren einen schon sehr. Nur gut das man für die ersten Beobachtungen nur einen Bruchteil der Funktionen verwendet muss.
Die visuelle Beobachtung
Ich könnte mich jetzt um Kopf und Kragen reden (schreiben) und würde nur Ansatzweise das herüberbringen können, was das großartige Video von Astroshop schafft. Aus diesem Grund probiere ich es erst gar nicht und verlinke lieber das Video. Wenn es wirklich „nur“ um die visuelle Beobachtung geht, braucht man nicht mehr zu wissen.
Im Grunde benötigt man nach dem ausbalancieren nur noch einen Kompass und den Breitengrad seines Standortes. Das Bein des Stativs mit der Aufschrift „N“ wird in Richtung Norden aufgestellt und die Polhöhe mit den „Polhöhenschrauben“ auf den Breitengrad des Standorts eingestellt. Anschließend werden nur noch die Beine so ausgefahren, dass die Libelle mittig steht.
Mehr ist eigentlich nicht nötig für den ersten Blick durchs Teleskop. Selbst so hatte bei mir die Nachführung sehr gut funktioniert.
Wer es genauer haben möchte, sollte nach dem Ausrichten des Stativs den Polsucher benutzen und Versuchen den Nordstern mittig auszurichten.
Versuchen deswegen, da in der Nacht von der superschönen Skala im Polsucher nichtsmehr zu sehen ist. Ohne Polsucher-Beleuchtung wird es ein schwieriges Unterfangen den Sucher auf Polaris auszurichten. Dann lieber doch so wie in dem Video mittels dem Teleskop-Sucher. Das reicht für den Anfang vollkommen.
Die erste Nacht mit der neuen Montierung
Nachdem ich meine Montierung ein- und vor allem ausgerichtet habe, dürfte die erste Nacht endlich anfangen. So schön der Sommer und die damit einhergehenden Temperaturen auch sein mögen, das warte bis es endlich dunkel geworden ist, gleicht einer Tortour. Dafür standen die Planeten Jupiter und Saturn perfekt nebeneinander und es war ein leichtes sie mit dem Teleskop anzufahren.
Übrigens, die beiden Achsen heißen Rektaszension (RA) und Deklination (DE). Fragt mich bitte nicht warum sie nicht einfach nur Himmelslängen und Himmelsbreitengrad heissen. Wäre für mich zumindest um einiges einfacher zu merken gewesen.
Wie sieht das ganze denn theoretisch aus?
Theoretisch muss nur das Objekt angefahren, die beiden Achsen gesperrt und das Teleskop mit der Feinbewegung exakt ausgerichtet werden.
Wie sieht das ganze in der Praxis aus?
In der Praxis lockere ich die beiden Feststellschrauben der RA und der DE Achse. Richte das Teleskop mit der Hand und der Zuhilfenahme des Suchers auf das Objekt aus, in meinem Fall Jupiter und ziehe beide Feststellschrauben wieder fest. Danach blicke ich durchs Okular und versuche die Feineinstellung mit Hilfe der Drehknöpfe sachte zu korrigieren.
Das ganze hat tatsächlich so einfach und gut funktioniert wie es sich anhört. Objekt anfahren, das Teleskop butterweich in die Mitte des Okulars drehen und die ersten Bilder genießen, bzw. die ersten schlechten Fotos schießen ?.
Neue Montierung = Neues Teleskop
Mal davon abgesehen das ich aktuell nur ein Bruchteil der angedachten Funktionen einer parallaktischen Montierung benutze, ist das Erlebnis überwältigend. Das vorher wackelige Fernrohr, welches von mir das Feingefühl eines Bombenentschärfers abverlangte, steht jetzt Felsenfest an Ort und Stelle. Das überragende ist aber nicht nur die Erschütterungsfestigkeit, sondern vielmehr das einfache und butterweiche anfahren, beziehungsweise Nachführen eines Himmelsobjekts.
Fazit
Der neue Spaßfaktor durch den Austausch einer Montierung ist wirklich nicht in Worte zu fassen. Würde ich behaupten das beobachten macht nun dreimal soviel Spaß, würde ich immer noch untertreiben. Ursprünglich wollte ich eigentlich das alte Teleskop schnellstmöglich gegen ein modernes und größeres tauschen. Letztendlich macht aber das „spechten“ mit der alten Röhre nunmehr soviel Spaß, dass mir eher der Wunsch nach neuem Zubehör kommt. Das Verlangen nach einem neuen Fernrohr, steht jetzt ganz unten in meiner Liste.
4 Gedanken zu „Aufrüstwahn #1: Die Montage einer alten Bresser 70/900 auf einer Skywatcher NEQ5 Montierung“